Veröffentlicht von Administrator (admin) am 08.07.2011 | |
Die NEL ist nicht nur eines der größten Projekte zur Energieversorgung Europas, sondern auch das größte archäologische Projekt in Niedersachsen. Auf 200 km Länge wird die etwa 36 m bereite Trasse in Niedersachsen angelegt. Schon in einem frühen Planungsstadium der Erdgastrasse wurden die Archäologen beteiligt. Aufgrund der Größe des Bauvorhabens bildete sich ein Projektteam aus dem Niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege und den zuständigen Kreisarchäologen.
Die Archäologen Dipl.-Ing. Jürgen Brandt, Dr. Karsten Kablitz und Dr. Stefan Hesse (v.l.) untersuchen die Spuren eines Dorfes aus der Eisenzeit. |
Die jetzt angelaufenen Arbeiten vor Ort werden von verschiedenen archäologischen Grabungsfirmen durchgeführt. Ein hohes fachliches Niveau der Arbeiten wird mit der Betreuung durch das Landesamt und die Kreisarchäologien sichergestellt. Die Grabungen finden zumeist weit im Vorfeld der eigentlichen Verlegung der Rohrleitung statt, um die eigentlichen Baumaßnahmen nicht zu verzögern. So wurde auch zwischen Sottrum und Waffensen ein Trassenstück frühzeitig archäologisch untersucht und schon bald stellte sich der Erfolg ein: es konnte ein Dorf aus der Eisenzeit in Teilen freigelegt werden. Die bislang geborgenen Keramikscherben lassen die Siedlung etwa in die Zeit zwischen 800 und 400 v. Chr. datieren. Es wurden zahlreiche Vorrats- und Abfallgruben festgestellt, die während des alltäglichen Dorflebens angelegt wurden. Da man weder Kühlschrank noch Müllabfuhr kannte, nutzte man hierfür in den Boden eingegrabene Gruben, die Vorräte kühl hielten und Abfälle entsorgten. Von besonderer Bedeutung sind jedoch zwei mutmaßliche Hausgrundrisse, die sich in der Fläche abzeichnen. „Bislang sind im Landkreis Rotenburg nur zwei bis drei Hausgrundrisse dieser Zeitstellung bekannt, aber auch überregional betrachtet sind derartige Befunde sehr selten“, so Kreisarchäologe Dr. Stefan Hesse. Ungewöhnlich ist die mit etwa 1 m extrem tiefe Eingrabung der Wandgräben. Wandgräben sorgten für die notwendige Stabilität der ursprünglich aus Flechtwerk errichteten Hauswand. Aufgrund der Bedeutung des Fundplatzes wurden die seltenen Grundrisse mit Hilfe einer Drohne – einem unbemannten Flugobjekt – aus der Luft dokumentiert.
Im Luftbild sind ein bereits ergrabener Hausgrundriss und ein als Bodenverfärbung sichtbarer Grundriss erkennbar. | |
Die unbemannte Drohne im Anflug auf die Grabungsfläche. |
Die Firma Helicontrol aus Taaken, die auf mehreren Grabungen bereits Erfahrungen bei der archäologischen Dokumentation sammeln konnte, war glücklicherweise kurzfristig verfügbar, da aufgrund des engen Zeitplans der Bauarbeiten die Hausgrundrisse nur kurze Zeit in einem gut sichtbaren Zustand belassen werden konnten. Nach dem erfolgreichen Fotografieren aus der Luft wurden die Verfärbungen im Boden vermessen, gezeichnet und sorgfältig ausgegraben. Weiterhin wurden Bodenproben entnommen, die auf ihren Gehalt an Phosphat analysiert werden sollen. Die Ergebnisse lassen Rückschlüsse auf die Nutzung der Bauten zu, da sich beispielsweise die Viehhaltung in einem Stall deutlich in erhöhten Phosphatwerten abbildet.